G. H. H.
Geschichten aus dem Adlerhof
Mit 4 Zeichnungen von Ádám Fitz
Kurzgeschichten
25 Seiten, Broschur
hochroth Verlag Wien 2012
ISBN 978-3-902871-02-2
Der Adlerhof ist das Wiener Paralleluniversum, in dem die Köchin immer pünktlich geht und der Wirt den alten und wahren Jazz spielt. Nur wenn der Fernseher läuft dringen Bilder von außen zu den Gästen. Die Fenster der Gaststube sind unten undurchsichtig. Die sitzenden Gäste sehen nicht hinaus, was verunsichernd wirken kann, vor allem, wenn der Haberer gerade gegangen ist und man nicht weiß, ob er gegenüber im dunklen Torweg lauert oder nicht …
G.H.H. erzählt sieben groteske Kurzgeschichten im Wiener Sprechstil. In dichter Atmosphäre tauchen Ereignisse auf, die das gelegentlich auftretende Ich keineswegs zum Handeln zu animieren vermögen, die Leserinnen und Leser aber zum Gruseln wie auch Lachen bringen.
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Textprobe:
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Der Wur
Der Himmel über Wien ist blau und kühl. Es ist roter Fronleichnam. Rund ums Rathaus bis halb an den Gürtel ist alles gesperrt. Überall Bundespolizei, ihr Tag der Arbeit. Den Tribünen soll nicht das falsche Rot zu nahe kommen. Verkehr gibts wenig. Der Tag ist schön. Aber im dunklen Adlerhof sitzt der Wur, hinten beim Durchgang zu den Toiletten und zum versperrten Saal.
Mit kleinen, noch vom Abend vorher zu Punkten geschrumpften Augen schaut er ins Bier als der Unhold, der er nun eben ist. Seit kurz vor sechs sitzt er da und bleibt der einzige Gast, bis anderthalb Stunden hernach die Tür aufgeht und fünfsechs Studenten hereinschauen. Sie setzen sich gleich am Eingang hin, als läg es am Wur, der sein viertes Krügerl vor sich und grad ein doppeltes Schnitzel bestellt hat, denn gegessen hat er wieder zu wenig, nur das ganze Wochenende schon geschnupft und gesoffen und geschimpft, derart, dass er seit anderthalb Stunden nur Krgrl gesagt hat…